Rein sprachlich muss man schon aus Kunststoff Kunst machen, suggeriert der Name doch etwas gänzlich Anderes als Einwegbesteck und Wegwerftüten. Und das französische Wort Plastique fordert nachgerade dazu auf, aus dem Plastik eine Plastik zu entwerfen. Das Material des 20. Jahrhunderts hat die Kunst eben dieses Säkulums maßgeblich geprägt. Es hat die Kunst demokratisiert und banalisiert, hat dem Werkstoff seinen Wertstoff entzogen und den Künstler vom einsamen Atelierschaffenden zum entwerfenden Designer von Massenware gemacht. Und bei 105.000 Tonnen Plastikmüll jährlich in Deutschland sind wir vom Begriff der Wegwerfkunst nicht weit entfernt. 

 

 

Kunststoff als Werkstoff bei der emco Group

Christian Gnaß, Geschäftsführender Gesellschafter der emco Group, hat einen ganz anderen Blick auf Kunststoff, der in der Unternehmensgruppe eine nicht unerhebliche Rolle spielt: „Kunststoff ist ein Werkstoff, der unschätzbare Vorteile bietet – von der Beständigkeit über die Gestaltbarkeit bis hin zur Recyclingfähigkeit. Kunststoff spielt daher neben Metall in allen unseren Geschäftsbereichen eine Rolle, vom Bad-Accessoire über die Schlingenware für Eingangsmatten bis hin zum Bürohelfer.“ In vielen Fällen ist das Produkt ohne Kunststoff nicht denkbar, dies gilt für die Eingangsmattensysteme von emcobau ebenso wie die Tacker und Hefter der Marke Novus, die emco Elektroroller oder die Seifenspenderpumpen von emcobad – daher denkt man natürlich bei der emco Group stetig über innovative Materialien nach und bringt auch Recycling-Kunststoffe zum Einsatz. Auch in der Kunst wird mit Recyclingkunststoff experimentiert – und Kunststoff kam in der Kunst schon lange Zeit vor Gründung des Unternehmens emco zum Einsatz.

Kunststoff und Kunst

Der Anfang der Kunststoffkunst ist klar zu terminieren: 1916 schuf der Russe Naum Gabo (1890–1977) in Paris den „Tête No. 2“, eine noch klassisch-kubistische Skulptur. Das Material Rhodoid findet noch heute bei Billardkugeln Verwendung. Die Entwicklung ganz neuer Kunststoffverbindungen nahm ihren Anfang und hat bis jetzt kein Ende gefunden. So hatte der Chemiker Walter Bauer (1893–1968) maßgeblichen Anteil an der Entwicklung von Polymethylmethacrylat, besser bekannt als Plexi- oder Acrylglas und seit 1933 auf dem Markt. Mit den transparenten Kunststoffscheiben ergaben sich ganz neue Gestaltungsmöglichkeiten mit Lichtquellen, -brechungen und -oszillationen.

Niki de Saint Phalle-Grotte in den Herrenhäuser Gärten von Hannover, Foto: © Karsten Behrens, NikideSaintPhalle-Grotte, CC BY-SA 3.0

 

 

Der Kunststoff war in der Kunst etabliert, wurde für Bühnenbilder und Installationen genutzt. Schon 1920 hatte Naum Gabo im „Realistischen Manifest“ eine neue Bildhauerei gefordert und als wesentliches Mittel die Lichtkunst gefordert, die sich mit der Elektrizität rasend schnell verbreitete. Licht und Kunststoff ergänzen sich ideal, hinzu kommen die leichte Formbarkeit und das minimale Gewicht. Das schätzte auch die Künstlerin Niki de Saint Phalle (1930–2002), die ihre monumentalen Frauenfiguren, die legendären Nanas, mit keinem anderen Material als Polyester hätte erschaffen können.

Als 1968 in Wiesbaden die erste Ausstellung zum Thema mit dem Titel „Kunst & Kunststoffe“ eröffnet wurde, war das so formbare, so billige, so allgegenwärtige Material auch für die Kunstwelt sanktioniert. Der renommierte Kunstkritiker Peter Gorsen (1933–2017) sah in ihr den Nachweis, „dass Kunststoffe so charakterlos und wenig forminspirierend, wie es ihre Gegner behaupten, gar nicht sind. Sie haben Eigenschaften, die den natürlichen Werkstoffen Holz, Metall, Stein abgehen und als solche herausgearbeitet werden können. Sie stimulieren den Willen zu ihrer Gestaltung in eine bestimmte nicht-beliebige Richtung.“ Also sprach Gorsen. Er fand auch, dass Kunststoff den Skrupel mindert, ein Kunstwerk haptisch zu erfassen, ein „Do-not-touch“-Schild auf einem Plastik-Opus scheint uns noch heute absurd. Der Konzeptionsgehalt des Kunstwerks ist schon deshalb höher, weil der Künstler es im Regelfall fertigen lässt, also nur Designer ist, nicht Ausführender.

Wert und Werk

Macht ein billiger Werkstoff auch das aus ihm gefertigte Kunstwerk billig? Die Artefakte von Niki de Saint Phalle und ihr Künstlerkollege Jeff Koons (*1955) sprechen dagegen, der Kunststoffkünstler Ottmar Hörl (*1950) spricht dafür. Seit 40 Jahren mit Plastikfiguren vertraut, sagt er im Interview, auch eine Krankenschwester müsse sich einen Hörl leisten können, im Internet beginnen die Preise bei fünfzig Euro. Hörl setzt auf Masse, große Serien, hat zu den Jubiläumsjahren 500 Luthers, Wagners, Marx’ gefertigt, 2020 ist Beethoven dran, der feiert seinen 250. Geburtstag in Bonn. Unter unser-ludwig.com kann sich jeder einen Beethoven für 300 Euro bestellen. Ja, das ist Kunst für die Krankenschwester. Hörl schätzt am Werkstoff auch die Beständigkeit, die Figuren stehen in mehreren Hundertschaften auf öffentlichen Plätzen, trotzen Regen, Schnee und Hagel. Die Restauratoren in den Museen sehen das ganz anders. Kunststoff ist für sie ein Horrorstoff, weil seine Haltbarkeit durch Weichmacher und seine chemische Künstlichkeit eben begrenzt, eine fachgerechte Restauration fast immer unmöglich ist. Kunst als klassisches Konsumprodukt mit Wegwerf-Fetisch.

 

Welche Kunststoff-Künstler sollte man kennen?

Alexandra Wendorf
Chefredakteurin des Kunstmagazins „Barton“

 

 

Plastikrecycling und Ethik

Einen ganz anderen Zugang zum Kunststoff findet Alejandro Duran (*1974). Unter seinem Motto „Washed up – Transforming a trashed landscape“ findet man großartige Kunstwerke in der Tradition der „objets trouvés“: Er sammelt weltweit Plastikmüll, wäscht die einzelnen Teile und formt daraus Environments, die den Betrachter erschauern und staunen lassen. Aus der gigantischen Welt des Plastikmülls macht er wieder Kunstwerke, die uns an unserem Konsumverhalten zweifeln und verzweifeln lassen. Duran erscheint wie ein Transformator, der uns den Plastikspiegel vor Augen hält und hofft, dass wir die Realität erkennen. So stellt Kunst mit Kunststoff auch eine ethische Forderung an unseren Umgang mit Kunststoff. Was will man mehr?

Fotos (Vordergrund): © Images courtesy of Alejandro Durán from the series Washed Up: Transforming a Trashed Landscape

Die emco Group und die Kunst

Auch die emco Group engagiert sich für Kunst, Architektur und Kultur – neben dem Engagement vor Ort kommen emco Produkte in Museen und Theatern zum Einsatz – und hier im Magazin wird regelmäßig über entsprechende Projekte berichtet, beispielsweise über Museumsbauten und Theater.

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