
Als das Bauhaus 1919 gegründet wurde, wollte es in jeder Hinsicht progressiv sein. Auch Frauen sollten das Geschehen mitbestimmen. Und sie kamen reichlich – bereits im Gründungsjahr 1919 bewarben sich etwa genauso viele Frauen wie Männer. Mehr als es Gründer Walter Gropius lieb war. Hatte er gerade noch gefordert, dass „(…) jede unbescholtene Person ohne Rücksicht auf Alter und Geschlecht“ aufgenommen würde, „deren Vorbildung vom Meisterrat des Bauhauses als ausreichend erachtet wird“, so drängte er bereits ein Jahr später auf eine „scharfe Aussonderung gleich bei den Aufnahmen (...), vor allem bei dem der Zahl nach zu stark vertretenen weiblichen Geschlecht.“ In den folgenden Jahren wurde die Zahl der Frauen am Bauhaus klein gehalten. Wer bleiben durfte, kam bis auf wenige Ausnahmen in die „Frauenklasse“ – die Weberei. Diese entwickelte sich zu einer der produktivsten und kommerziell erfolgreichsten Werkstätten. Gunta Stölzl, die 1919 als Studentin ans Bauhaus kam und später die erste und einzige Bauhaus-Meisterin wurde, versprach sich von der reinen Frauenklasse ungebremste Kreativität für die Studentinnen. Und tatsächlich führten die kreativen Innovationen aus der Weberei zu einem Entwicklungsschub im Industriedesign und zu einem enormen Imagegewinn der Textilkunst.