Als erster flexibler Arbeitsplatz der Welt muss die Tonne des griechischen Philosophen Diogenes gelten, der ihre Position nach dem Stand der Sonne ausrichtete. Als Alexander der Große den Philosophen besuchte, um ihm einen Wunsch zu gewähren, sagte der nur schroff: "Geh mir aus der Sonne." Der flexible Arbeitsplatz hat ergo eine lange Geschichte und eine große Zukunft.

Auch bei der emco Group liegt ein bedeutendes Augenmerk auf der flexiblen Gestaltung von Arbeitsplätzen und Arbeitszeiten. Flexibilität allgemein wird im Unternehmen als wichtiges Thema erachtet, das sich auf die Weiterentwicklung der Unternehmensgruppe ebenso bezieht wie auf die Arbeitsplätze der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Christian Gnaß,
Geschäftsführender Gesellschafter emco Group

 

"Ich halte Veränderungsfähigkeit für enorm wichtig. Was aber nicht passieren darf: Dass man sich jedem Trend und jeder Denkrichtung anpasst und damit ein Stück Identität verliert."

 

Nonterritoriale Arbeitsplätze als Schlüssel zur Effizienz

Die Sehnsucht nach mehr Sonne, nach selbsteingeteilter Arbeit, nach vollendeter Work-Life Balance, nach dem Home-Office zwischen Kindern und Hund ergreift immer mehr Arbeitnehmer - und noch nie waren die Chancen, das alles zu realisieren so gut. Alles begann in den 1980er-Jahren in der Kreativbranche, die damals führende Werbeagentur Springer & Jacoby ordnete ihre Kreativabteilung neu, die weiße Mönchszelle wurde für jeden Kreativen zum Muss, verboten wurden Schlümpfe und Topfpflanzen, Partnerfotos und Mottotassen. Nach Feierabend musste jeder Mitarbeiter, ob fest angestellt oder Freiberufler, seinen Platz klinisch rein hinterlassen, am nächsten Tag saß er dann sowieso woanders.

Der klassische Berater ist drei, vier Tage in der Woche beim Kunden, da hängt er auch keine Familienfotos auf.

Bernward Mönch, von tmi-germany

Das Rotationsprinzip beendete die "Mein-Büro-Denke". Kunden, die das Prinzip in der Agentur kennenlernten, wollten es übertragen. Heute ist diese Form des flexiblen Arbeitsplatzes gerade in Beratungsfirmen absolut üblich. Bernward Mönch --- erklärt warum: "Der klassische Berater ist drei, vier Tage in der Woche beim Kunden, da hängt er auch keine Familienfotos auf, die Stunden im Auto wird telefoniert, bleibt ein Tag im Home-Office oder flexibel im Headquarter." Auch Boss Mönch hat kein eigenes Büro mehr, eine Lounge mit Sofas, Teetisch und Glasfront steht ihm und allen Mitarbeitern für Besprechungen zur Verfügung. Überhaupt der Werkstoff Glas. Ob Boston Consulting Group, Siemens oder B. Braun Melsungen, alle Firmen mit flexiblen Arbeitsplätzen setzen auf Transparenz, vermittelt durch Glaswände, transparente Türen, offene Raumaufteilung. Das soll die Kommunikation unter den Mitarbeitern fördern, denn die Teeküche ist für kreative Ideen ein besserer Ort als die alten Konferenzräume, an dem man in hierarchischer Sitzordnung auf Ideenmanna von oben wartet. So wird aus dem ungenutzten Pausenraum ein flexibler Arbeitsplatz.

Das "Umerziehungslager Büro" stößt aber auch auf Widerstand. Nicht jeder Mitarbeiter will komplett auf die Privatsphäre verzichten, plötzlich werden der Pferdekalender an der Wand oder der Kunstkaktus zur unverzichtbaren Reliquie. Der Personalchef von B. Braun Melsungen macht drei Typen aus: "Es gibt die Offenen für Veränderung, es gibt die Zögerer, die muss man gewinnen, denn sie sind oft die Meinungsführer. Und es gibt Verweigerer, die brauchen die intensivste Zuwendung."

 

Wer wie Siemens 140.000 Mitarbeiter zur Flexibilität zwingen will, braucht Überzeugungskraft und einen langen Atem. Denn der Mensch als Gewohnheitstier sieht mehr seine Verlustängste von Zimmerpalme und Urlaubsfoto als den Zugewinn neuer Freiheiten und der Arbeit in alternativen Workspaces. Die sieht ganz klar Berater Sven Hochreiter von momentum: "Die Flexibilisierung von Arbeit spiegelt sich in der Teilzeitquote, die liegt heute bei fast 30 %, und Home-Office-Tage sind doch auch ein Gewinn für die Familie. Und die Digitalisierung bedeutet, ein Büro voller Bits und Bytes mit allen Informationen in Dropbox und Cloud ist jederzeit und überall verfügbar. Und wer hätte was gegen flache Hierarchien, wechselnde Teams und unternehmerische Verantwortung für jeden?"

Personalchefs und Berater sind sich einig, dass schon die Generation Y, spätestens die Millenials, die Veränderung der Arbeitswelt erzwingen werden. Sie bilden in den nächsten Jahrzehnten 75 % der Belegschaften. Eine starke Mehrheit, die auf eine ausgewogene Work-Life-Balance setzt, die als echte Digital Natives extrem technikaffin sind, die viel mobiler denken - jenseits der Schreibtische - und denen klassische Karriereschritte und Statussymbole eher gleichgültig, fast lästig sind. Sie sind die Wegbereiter des flexiblen, nonterritorialen Arbeitsplatzes.

 

Die Elite dieser Nachfahren von Diogenes hat sich im CitizenCircle zusammengeschlossen, um gemeinsam nach Geschäftsmodellen zu suchen, die im Zuge der Digitalisierung internetbasiert von überall auf der Welt zu betreiben sind, die finanziell unabhängig machen und möglichst weltweit funktionieren. Zurzeit bereiten die Youngsters ihren nächsten Workshop im thailändischen Chiang Mai vor. Den griechischen Philosophen Diogenes hätte diese Idee wohl begeistert.

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